Einmal Augen reiben bitte: Die New England Patriots sind zurück an der Spitze der AFC East – und mittendrin im Playoff-Rennen. Gründe dafür gibt es viele. Rookie-Quarterback Mac Jones spielt schon jetzt wie ein Veteran. Laufspiel und Defensive bilden ein stabiles Grundgerüst. Und Bill Belichick findet auch im 22. Jahr als Cheftrainer in Foxboro noch die richtigen Worte, um sein Team zum Sieg zu führen.
Bei all diesen offensichtlichen Merkmalen für den Erfolg New Englands darf ein Faktor aber nicht untergehen: der Teamgeist, der die Patriots enger zusammen und zurück auf die Siegerstraße in der NFL gebracht hat. Lies hier, was die Spieler darüber sagen.
Jeder freut sich für jeden
Man nehme beispielhaft für den Teamgeist bei den Patriots den ersten NFL-Touchdown von Jakobi Meyers am 10. Spieltag gegen die Cleveland Browns. In seiner dritten Saison hat der beliebte Receiver endlich zum ersten Mal die Endzone gefunden.
Es dauerte keine fünf Sekunden, da war Meyers bereits umgeben von Mitspielern. Nelson Agholor und N'Keal Harry, die Receiver-Kollegen, waren zuerst zur Stelle. Kurze Zeit später waren aber auch Mac Jones, Jakob Johnson und viele weitere Patriots-Offensivspieler bei Meyers, um sein Touchdown-Debüt mit ihm zu feiern. Zuletzt stießen auch die Verteidiger vom Spielfeldrand hinzu.
Für Running Back Damien Harris ist diese Kameradschaft wenig überraschend: "Man sieht sie jeden Sonntag, jedes Mal, wenn jemand von uns ein gutes Play macht. Als Kobs [Jakobi Meyers] seinen ersten Touchdown erzielte, waren alle auf dem Feld. Die Sideline war wie leer gefegt. […] Das zeigt den Spirit dieses Teams."
39 Spiele mit 134 Catches und über 1.500 Yards hatte es gedauert, bis Meyers erstmals in der Endzone ankam. Anschließend sagte der Receiver: "Die Tatsache, dass alle mit mir diesen Touchdown gefeiert haben, bedeutet mir mehr als der Touchdown an sich."
Das ist es, was dieses Team ausmacht. Erfolg ist das Resultat kollektiver Arbeit. Umso schöner, wenn am Ende einer die Punkte macht, der so hart arbeitet und sich stets in den Dienst der Mannschaft gestellt hat.
Kameradschaft auch abseits des Platzes
Der Zusammenhalt im Kader ist aber nicht nur auf dem Spielfeld sichtbar, wenn sowieso alle auf die Patriots blicken. Dass ein Neuzugang wie Matt Judon – auf dem Rasen ein absoluter Leistungsträger – sich nicht zu schade ist, seine Teamkollegen auch dann zu unterstützen, wenn er gerade nicht die Hauptrolle spielt, spricht für sich. Vor einigen Tagen nahm er sich einfach so Zeit, die Pressekonferenz seines Mitspieler Adrian Phillips anzuhören.
Special-Teams-Legende Matthew Slater ist überzeugt, dass Teams mit Spielern, die auch privat gerne zusammen abhängen, erfolgreicher sind. "Das trägt auf lange Sicht zum Erfolg bei. Es fällt leichter, den Job zu machen, wenn man ihn gemeinsam mit Leuten macht, die man mag." Natürlich müsse man seinen Job auch so machen, weiß Slater. Wenn man seine Mitspieler aber gut leiden könne, gebe man für sie immer noch ein bisschen mehr. Zuneigung sorgt für Vertrauen. Vertrauen sorgt für Selbstbewusstsein. Selbstbewusstsein sorgt für starke Leistungen.
Dass Phillips und Judon, um bei diesem Beispiel zu bleiben, sich gegenseitig besser machen, liegt auf der Hand. Der eine hat 2021 schon vier Interceptions gefangen, der andere führt das Team in der Sack-Statistik (11,5) an.
Das Schöne am Klima in der Patriots-Kabine sei, so Adrian Phillips, "dass jeder mit jedem rockt". Man erkundige sich, wie es den anderen Spielern und deren Familien gehe. Alle spürten, dass das von Herzen komme. Was durch Corona und Hygienekonzepte vor einem Jahr an Gemeinschaftsgefühl und Teambuilding verloren ging, ist jetzt umso präsenter. Safety Phillips führt weiter aus: "Defensive Backs mit O-Linern, Kicker mit Linebackern." Die positionsspezifische Trennung, die man aus einem Footballtraining nur allzu gut kennt, ist also keinerlei Hindernis für die Patriots.
Mannschafts- statt Einzelleistung
Für den maximalen Erfolg ordnen die Patriots-Profis aktuell alles dem gemeinsamen Erfolg unter. Mac Jones mag als bester Rookie-Quarterback des Jahres glänzen, Matt Judon Sack-Rekorde jagen und J.C. Jackson Interceptions in Dauerschleife fangen. Doch unterm Strich zählt für sie alle am Ende des Tages nur der Sieg.
Man könnte jetzt natürlich behaupten, dass Erfolg das Team immer leichter zusammenschweißt als Misserfolg. Doch die Patriots haben bereits bewiesen, dass sie auch dann Ruhe bewahren und sich gemeinsam aus dem Loch ziehen können, wenn es mal nicht läuft. Als New England zu Beginn der Saison drei der ersten vier Spiele verlor, wurde es aber nicht unruhig. Niemand forderte mehr Spielanteile, niemand rief öffentlich nach mehr Möglichkeiten mit dem Ball. Vielleicht das beste Beispiel für die positive Denkweise bei den Patriots: N'Keal Harry, der in der Offseason mit einem Weggang liebäugelte, hat sich dem Teamgedanken voll untergeordnet.
Die Pats-Quarterbacks Mac Jones und Brian Hoyer haben in dieser Saison in allen zwölf Spielen Bälle zu mindestens sieben verschiedenen Passempfängern geworfen. Und in der Defensive waren mehr als ein Dutzend Patriots schon an einem Sack beteiligt, während sieben Verteidiger schon mindestens einen Pass abgefangen haben.
New Englands Gegner wissen aufgrund dieser Ausgeglichenheit nicht, auf wen sie sich am intensivsten vorbereiten müssen. "Bei uns allen herrscht einfach eine sehr uneigennützige Einstellung", sagt Tight End Hunter Henry. Niemanden interessiere es, wer die Plays mache, solange das Team gewinne.
Ein Satz von Henry beschreibt die Stimmungslage in New England aktuell ganz gut: "Wir alle suchen einfach einen Weg, unsere Arbeit sauber zu machen, um zu punkten und Spiele zu gewinnen."
Die Patriots wissen, dass das in mannschaftlicher Geschlossenheit am besten funktioniert.