Der vielleicht wichtigste Patriots-Draft der letzten zehn Jahre ist Geschichte. Zwölf neue Spieler hat New England ausgewählt. Sie bringen frischen Wind in den Kader von Head Coach Bill Belichick, der 2023 zurück an die Spitze der AFC East will.
Hier liest du, mit welchen Newcomern die Patriots 2023 wieder in die Playoffs möchten.
Tag 1: Trade plus Wunschspieler
1. Runde (Pick 17): Christian Gonzalez – Cornerback
Der NFL Draft 2023 startete für New England mit einem Trade. Anstatt mit dem 14. Pick einzusteigen, tauschten die Patriots mit den Steelers die Position. An der 17. Stelle wählten sie dann Christian Gonzalez von der University of Oregon, der vor dem Mega-Event bei vielen Experten als bester Cornerback der diesjährigen Draftklasse galt. Für den Trade nach unten erhielten die Pats von Pittsburgh außerdem noch deren Viertrundenpick.
Der 20-Jährige ist ein Top-Athlet, der sich auf dem Platz nicht so schnell aus der Ruhe bringen lässt. In seiner letzten Saison als Oregon Duck hatte Gonzalez vier Interceptions und 50 Tackles. Mit seiner Größe von 1,85 Metern und 89 Kilogramm besitzt er alle Voraussetzungen, um auch größere Receiver in der NFL in Manndeckung zu nehmen. Er hat durchaus das Potenzial, an die Leistungen von Ex-Patriot Stephon Gilmore ranzukommen.
"Ich habe mir viel von Gilmore abgeschaut", so Gonzalez. "Er ist ein großartiger Spieler. Ich möchte in seine Fußstapfen treten."
Beim NFL Combine war Gonzalez einer der schnellsten Cornerbacks und lief den 40-Yard-Sprint in 4,38 Sekunden. Schon als Highschool-Schüler rannte er die 100 Meter in 10,7 Sekunden – das schnelle Laufen scheint in der Familie zu liegen. Seine Schwester Melissa, die mit Arizona-Cardinals-Quarterback David Blough verheiratet ist, nahm als Hürdenläuferin 2021 an den Olympischen Spielen von Tokio teil.
Tag 2: Neue Stars für die Defense
2. Runde (Pick 46): Keion White – Edge
Zum Start des zweiten Tages beim NFL Draft 2023 entschied sich New England für Keion White. Der 24-jährige Pass Rusher vom Georgia Institute of Technology (Georgia Tech) hatte bis 2019 noch als Tight End gespielt, wechselte dann aber die Position. Er ist 1,96 Meter groß, 139 Kilogramm schwer und kam in seinem letzten College-Jahr auf siebeneinhalb Sacks. Der Wechsel von Offense zu Defense hat sich bezahlt gemacht.
White hat alle körperlichen Fähigkeiten, ein guter Quarterback-Jäger in der NFL zu werden – vorausgesetzt man gibt ihm einen guten Plan an die Hand, wie er seinen Körper erfolgreich einsetzen soll.
Patriots-Legende Sebastian Vollmer verkündete in der Nacht auf Samstag den Pick und ließ es sich dabei nicht nehmen, die NFL-Fans in Deutschland zu grüßen.
3. Runde (Pick 76): Marte Mapu – Linebacker/Safety
Auch beim nächsten Pick wählte New England einen Verteidiger. Marte Mapu spielte bei den Sacramento State Hornets eine Mischung aus Linebacker und Safety – eine Rolle, wie sie derzeit Kyle Dugger, Adrian Phillips oder auch Jabrill Peppers bei den Patriots ausüben. 2022 kam Mapu auf 76 Tackles, einen Sack, einen forcierten Fumble und zwei Interceptions.
Mapu bringt eine unglaubliche Explosivität mit und kann für einen Linebacker in der Passverteidigung sehr gut mit flinken Receivern mithalten. Die Frage ist nur, ob seine für die Position unterdurchschnittliche Größe zum Hindernis wird – und ob er rechtzeitig zum Trainingsstart fit sein wird. Der 23-Jährige erholt sich noch von einem Brustmuskelriss, den er sich beim Bankdrücken in der Draft-Vorbereitung zugezogen hatte.
Tag 3: Zwei Picks live aus Hannover verkündet
4. Runde (Pick 107): Jake Andrews – Interior Offensive Line
Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu geben, dass Center in New England auf den Nachnamen Andrews hören müssen. Der dritte Tag begann für die Patriots in Deutschland, genauer gesagt in Hannover, wo der Fanclub "Patriots nHAJon" bei seiner Draft-Party den 107. Pick New Englands bekannt gab: Jake Andrews von der Troy University.
Der 23-jährige Andrews ist 1,90 Meter groß und wiegt 145 Kilogramm. Während seiner fünfjährigen College-Karriere absolvierte er 37 Partien als Starter und spielte sowohl auf der Guard- als auch auf der Center-Position. Da sein unangefochtener Namensvetter David Andrews dieses Jahr 31 Jahre alt wird, könnte sich eine Wachablösung langsam andeuten.
4. Runde (Pick 112): Chad Ryland – Kicker
6. Runde (Pick 192): Bryce Baringer – Punter
Seit den Raiders 2000 hat kein Team mehr einen Punter und einen Kicker im gleichen Draft geholt – bis zum 29. April 2023. Keine Überraschung ist vor allem der Kicker-Pick. Ryland von der University of Maryland ist der wohl zweitbeste Kicker seines Jahrgangs (hinter Jake Moody, der in der 3. Runde zu den 49ers ging) und hat ein Monster-Bein, mit dem er über 60 Prozent seiner Kicks aus 50 oder mehr Yards verwandelt. Hinzu kommt, dass er Erfahrung mit Kicks bei schlechtem Wetter hat – kein Nachteil, wenn man oft in einem Freiluftstadion wie dem Gillette spielt.
Der zweite neue Spezialist, Punter Bryce Baringer von der Michigan State University, war 2022 College-Spitzenreiter nach Punt Yards. Das Talent zum Profi ist zweifelsfrei vorhanden, doch er muss in der NFL Punts nicht nur weit, sondern auch hoch schlagen, damit kein gegnerischer Return möglich ist.
4. Runde (Pick 117): Sidy Sow – Guard
5. Runde (Pick 144): Atonio Mafi – Guard
Nachdem die Patriots an den ersten zwei Draft-Tagen die Offense nicht angingen, schlugen sie am dritten Tag umso häufiger zu. Doppelte O-Line-Verstärkung gab's in der 4. und 5. Runde – und beide Spieler haben mit rund 1,95 Metern und rund 150 Kilogramm Kampfgewicht die Maße, um als NFL-Spieler erfolgreich zu sein. Während Sow vor allem an seiner mentalen Stärke arbeiten muss, fehlt bei Mafi noch ein wenig die Schnelligkeit, um mit dynamischen Quarterback-Jägern mitzuhalten.
6. Runde (Pick 187): Kayshon Boutte – Wide Receiver
Zurück nach Hannover, wo die "Patriots nHAJon" bei ihrer Draft-Party erneut einen Neuzugang verkünden durfte. Diesmal war es ein Alles-oder-nichts-Pick. Boutte wäre noch vor einem Jahr womöglich in den Top 50 des NFL Draft ausgewählt worden – er war ein Superstar an der Louisiana State University. Doch eine schwere Knöchelverletzung 2021, sein durchwachsenes letztes College-Jahr und schwache Probetrainings schadeten seinem Draft-Wert.
Sollte der erst 20-jährige Boutte bei den Patriots zurück zu alter Form finden, könnte er ein echter Draft-Steal werden. In seiner College-Zeit kam der 20-Jährige auf stolze 1.782 Receiving Yards und 16 Touchdowns.
6. Runde (Pick 210): Demario Douglas – Wide Receiver
Noch ein Passempfänger in der 6. Runde. Douglas ist mit seinen 1,73 Metern und 77 Kilogramm ein kompakter, wendiger, flinker Receiver, der zu College-Zeiten öfter seinen Gegnern davonrannte als der Liga-Durchschnitt. An der Präzision seiner Laufwege muss er noch arbeiten.
6. Runde (Pick 214): Ameer Speed – Cornerback
7. Runde (Pick 245): Isaiah Bolden – Cornerback
Der Nachname ist Programm. Speed rennt die 40 Yards in nur 4,33 Sekunden – und das trotz seiner Körpergröße von 1,90 Metern und 95 Kilo Masse. Genau wie Bolden (1,87 Meter, 92 Kilogramm, ebenfalls 4,33 Sekunden über 40 Yards) überzeugt er mit einer seltenen Kombination aus Geschwindigkeit und Größe. Für beide Spieler geht der realistischste Weg in den Kader über gute Leistungen in den Special Teams (für Bolden möglicherweise als Returner), denn als reine Passverteidiger sind sie noch in der Entwicklung.
Der Draft-Fokus lag vor allem in den ersten Runden klar auf der Defensive, die nun den nächsten Schritt machen soll. In der Free Agency hatten die Patriots zuvor mit den Verpflichtungen von Receiver JuJu Smith-Schuster, Tight End Mike Gesicki sowie den O-Linern Riley Reiff und Calvin Anderson insbesondere die Offense gezielt gestärkt.
Unter den gepickten Spielern befinden sich herausragende Athleten, die die Chance haben, sich in New England zu echten NFL-Profis zu entwickeln. Das nötige Talent ist auf jeden Fall vorhanden. Jetzt wird es spannend zu sehen sein, welche Rollen und Fähigkeiten Bill Belichick in den Newcomern gesehen hat – und wie er sie herauskitzelt.