"Quarterback ist eine Priorität", sagte Patriots-Cheftrainer Jerod Mayo zuletzt mit Blick auf den NFL Draft 2024. Und schickte dann ein ABER hinterher: "Davon abgesehen sind wir aber immer noch offen für Deals jeglicher Art, die uns entgegenkommen."
Genau aus diesem Grund lohnt sich der Blick auf die Szenarien, in denen New England mit dem dritten Pick im Draft KEINEN dieser Quarterbacks auswählt. Weitere Baustellen im Patriots-Kader sind Offensive Line und Wide Receiver – und auf beiden Positionen gibt es in der ersten Runde der Talentauswahl zukünftige NFL-Profis mit Superstar-Potenzial.
Hier kommen aussichtsreiche Kandidaten – inklusive Deutschland-Connection.
Brutale Passempfänger-Qualität zur Auswahl
Drei Namen werden am häufigsten genannt, wenn es um die Frage nach DEN Wide-Receiver-Talenten im NFL Draft 2024 geht: Marvin Harrison Jr., Rome Odunze und Malik Nabers. Alle drei wären es wert, mit dem dritten Pick ausgewählt zu werden.
Harrison Jr., der Sohn von Hall-of-Fame-Receiver Marvin Harrison Sr., ist der kompletteste des Trios – ein Ausnahmekönner. Technik, Physis und taktisches Verständnis hat da wohl der Papa weitergegeben. Aber auch Odunze und Nabers sind Naturtalente – Ersterer glänzt mit seiner artistischen Spielweise, Letzterer vor allem mit seiner Explosivität.
Experten zufolge ist Wide Receiver von den drei Patriots-Baustellen die mit der geringsten Priorität in Runde eins, weshalb sich der detailliertere Blick auf Spieler lohnt, die auch in den Runden zwei (Pick #34) oder drei (Pick #68) noch verfügbar sein könnten:
Xavier Legette (South Carolina) hat den nahezu perfekten Körper für einen Wide Receiver auf der Außenbahn. Der 23-Jährige ist groß, kräftig und richtig schnell. Diesen physischen Vorteil hatte er nicht nur am College gegen unterlegene Gegner, dieser wird auch in der NFL bestehen bleiben. Nicht wenige Experten halten ihn für den nächsten DK Metcalf.
Ladd McConkey (Georgia) ist ein wenig das Gegenteil von Legette. Seine Stärken spielt er als flinker nicht besonders großer Receiver über die Feldmitte aus, harten physischen Kontakt scheut er tendenziell. Dort kann der 22-Jährige sich mit seinen schnellen Richtungswechseln den Weg durch dichtes Getümmel bahnen und sich für seinen zukünftigen Quarterback freilaufen.
Auch wenn die Schlagzeilen Anderes vermuten lassen: Xavier Worthy (Texas) ist mehr als nur das schnellste Draft-Talent aller Zeiten. Der erst 20 Jahre junge Receiver stellte beim NFL Scouting Combine in Indianapolis Anfang März den neuen Rekord im 40-Yard-Sprint auf und verbesserte seine Draft-Aussichten damit erheblich. Doch er glänzt auch mit sauberer Technik und flinken Richtungswechseln. Die Miami Dolphins haben in den letzten Jahren mit Jaylen Waddle und Tyreek Hill bewiesen, wie man solche Spieler einsetzen sollte. Wer das schafft, bekommt in Worthy einen Gamechanger.
Roman Wilson (Michigan) könnte der perfekte Pick in Ergänzung zu Quarterback J.J. McCarthy sein, denn die beiden führten ihre Uni vergangene Saison zur nationalen College-Meisterschaft. Die Chemie stimmt also schon mal, aber für den 22-Jährigen spricht noch mehr: Seine Rolle könnte der vom deutschen NFL-Star Amon-Ra St. Brown ähneln – und hätte Wilson am College in einer passlastigeren Offensive gespielt, dann wäre er vielleicht ein Erstrundenpick. So aber bewies er, dass er aus im Schnitt nur drei bis vier Catches pro Spiel das Maximum rausholte. Diese Verlässlichkeit ist verlockend – und wird in der NFL belohnt.
Gesucht: Neuer Quarterback-Beschützer
Wahrscheinlicher als ein Wide-Receiver-Pick in der ersten Runde ist für viele Experten, dass sich die Patriots mit einem Offensive Tackle verstärken und damit in den Schutz ihres zukünftigen Quarterbacks investieren.
Die wohl sicherste Bank in einem talentierten Pool an O-Linern ist Joe Alt (Notre Dame). Wie vor 40 Jahren sein Vater John wird Joe im Draft in der ersten Runde ausgewählt – nur höchstwahrscheinlich nicht von den Chiefs, die John 1984 nach Kansas City holten.
Alt Junior ist ein kompletter Spieler, der von Tag eins an die O-Line der Patriots besser machen würde. Würde man künstliche Intelligenz bitten, einen perfekten Offensive Tackle zu erstellen, würde der Computer Joe Alt ausspucken. Physisch ist der Left Tackle vielleicht nicht der absolute Top-Kandidat im Draft, doch seine Erfahrung und seine Fähigkeiten sind bereits auf einem Niveau, das bei der Talentauswahl nur extrem selten zu finden ist. An dem 21-Jährigen werden sich selbst gestandene Pass Rusher in der NFL die Zähne ausbeißen.
Als gelernter Right Tackle ist Taliese Fuaga (Oregon State) vielleicht nicht die erste Wahl für die Patriots (nach dem Abgang von Trent Brown hat Left Tackle die höchste Priorität), doch seine Fähigkeiten machen diesen vermeintlichen Makel vernachlässigbar. Zu den Stärken des 22-Jährigen zählen seine Balance, Aggressivität und Explosivität. Bleibt nur die Frage, wie stabil diese Fähigkeiten bei einem Wechsel auf die linke Seite bleiben würden.
Olu Fashanu (Penn State) ist wiederum ein klassischer Left Tackle. Seine Technik ist insgesamt (noch) nicht so weit entwickelt wie die von Alt, aber seine körperliche Erscheinung versprüht die Vibes, die man sich von einem O-Liner wünscht. Massiv, furchteinflößend und kühlschrankig. Der 21-Jährige wäre mit seiner großartigen Körperbeherrschung und Bewegungsschnelligkeit direkt Stammspieler.
Der nächste Deutsche für die Patriots?
Nicht ganz vorne dabei, aber mindestens genauso spannend ist der folgende Name: Brandon Coleman. Der 23-jährige Deutsch-Amerikaner wuchs in Berlin auf und verbrachte seine College-Karriere als Offensive Guard an der Texas Christian University, obwohl er zunächst mit dem Traum vom Profibasketball in die USA gegangen war.
Basketball oder Football, Coleman ist ein Überathlet! Beim NFL Combine machte er mit sensationellen Werten auf sich aufmerksam. Sein sogenannter Relative Athletic Score (RAS) war der viertbeste aller Zeiten auf seiner Position.
Mit dem von Kent Lee Platte entwickelten Algorithmus RAS wird die Athletik eines Spielers im Verhältnis zu seiner Größe und seiner Position gemessen. Auf der Guard-Position wurden seit 1987 über 1.400 Spieler eingestuft – was Colemans vierten Platz umso beeindruckender macht.
Inzwischen gibt es Experten, die ihn sogar als Kandidaten für die zweite oder dritte Draft-Runde einschätzen. Wer sich erinnert: Mit Sebastian Vollmer fanden die Patriots 2009 in der zweiten Runde einen deutschen Quarterback-Bodyguard, der in New England zur Legende wurde.
Im Interview mit Evan Lazar von patriots.com wird noch etwas ausführlicher über die möglichen und interessanten Wide Receiver und die Offensive Linemen gesprochen: