Wenn die New England Patriots am kommenden Sonntag, 12. November (15:30 Uhr Ortszeit), in Frankfurt auf die Indianapolis Colts treffen, wird dieses Spiel in zweifacher Hinsicht einzigartig für die Franchise sein. Zum einen wird es das erste Spiel der Patriots in Deutschland, zum anderen wird das Team in einem internationalen Spiel erstmals offiziell als Heimmannschaft auflaufen.
Dreimal hat New England in seiner Geschichte schon Spiele im Rahmen der 2005 eingeführten NFL International Games bestritten: zweimal in London, einmal in Mexiko-Stadt. Bei allen drei Spielen war das Team offiziell die Auswärtsmannschaft, und alle drei Spiele gingen klar an den Super-Bowl-Rekordchampion. Ein Rückblick auf diese drei internationalen Auftritte der New England Patriots.
2009: Das erste Mal in Wembley
Zwei Jahre nach der Premiere eines regulären Saisonspiels der NFL in London kommen die New England Patriots erstmals zu einem Gastspiel in die englische Hauptstadt. Das Team ist mit einer Bilanz von 4-2 in die Saison gestartet, wartet aber noch auf seinen ersten Auswärtssieg der Saison, als es am siebten Spieltag im Wembley Stadium auf die noch komplett sieglosen Tampa Bay Buccaneers trifft. Die erste Halbzeit ist geprägt von Höhen und Tiefen in New Englands Spiel. Safety Brandon Meriweather gelingt bereits im fünften Play des Spiels ein 39-Yard-Touchdown nach Interception.
Auf der anderen Seite wirft auch Patriots-Quarterback Tom Brady zwei Interceptions im ersten Durchgang. Weil er aber mit seinen Pässen auch Wes Welker und Sam Aiken für zwei Touchdowns findet, geht New England mit einer beruhigenden 21:7-Führung in die Halbzeit. Diese bauen die Patriots recht früh im dritten Viertel weiter aus, als Brady Benjamin Watson für einen weiteren Touchdown erreicht. Ein Touchdown von Running Back Laurence Maroney und der Extrapunkt durch Kicker Stephen Gostkowski stellen im Schlussviertel den 35:7-Endstand her.
Die Patriots feiern damit fernab der Heimat ihren ersten Auswärtssieg der Saison. Für Tom Brady stehen drei Touchdown-Pässe und 308 Yards zu Buche, er wird spät im Spiel noch durch Brian Hoyer ersetzt, der so auch die einmalige Atmosphäre vor 84.254 Zuschauern im ausverkauften Wembley Stadion erleben darf. "Ich denke, es ist ein Privileg, hierher zu kommen und diese Art von Erfahrung machen zu können", sagt Tom Brady im Anschluss an den ersten internationalen Auftritt seines Teams. "Das wird uns wahrscheinlich nie wieder passieren, also gehen wir mit einem internationalen 1:0 in den Ruhestand."
2012: Kantersieg gegen die Rams
Dass sich Tom Brady mit dieser Aussage irren sollte, ist schon drei Jahre später klar, als sein Team zum zweiten Mal zu einem regulären Saisonspiel nach England reist. Gastgeber im erneut ausverkauften Wembley Stadium sind diesmal die Rams, deren Franchise damals noch in St. Louis beheimatet ist. Beide Teams haben nach sieben Spielen ähnliche Bilanzen, die Patriots stehen bei 4-3, die Rams bei 3-4. Und trotz dieser scheinbaren Ausgeglichenheit entwickelt sich in Englands Hauptstadt ein äußerst einseitiges Spiel. Die Medien sprechen im Anschluss an das 45:7 für die Patriots von der dominantesten Performance eines Teams in London seit den ersten NFL-Spielen dort.
Dabei gehen die Rams, die wegen der Zeitverschiebung extra drei Tage vor den Patriots nach Übersee gereist sind, um sich besser vorbereiten zu können, zunächst in Führung und können das erste Viertel mit 7:7 noch ausgeglichen gestalten. Dann aber zeigen die Patriots ihre ganze Klasse. Sie leisten sich in der ersten Halbzeit in der Offensive keinen Ballverlust und schließen jeden Drive mit einem Touchdown ab. Zur Halbzeit steht es schon 28:7 für die Patriots. Auch der erste Drive New Englands im zweiten Durchgang endet mit einem Touchdown. Erst gegen Ende des dritten Viertels müssen sie erstmals im Spiel punten. Tom Brady steht zum Schluss bei 304 Yards und vier Touchdown-Pässen. Zweimal bedient er Brandon Lloyd, zweimal seine Lieblings-Anspielstation Rob Gronkowski. Die anderen beiden Touchdowns steuern die Running Backs Shane Vereen und Stevan Ridley bei.
Mit dem Erfolg sind die Patriots das erste Team in der NFL, das zwei Spiele in London gewinnt. Auch wenn es offiziell ein Heimspiel für die St. Louis Rams ist, so ist die Unterstützung für New England mindestens genauso groß, wie die vielen Patriots-Jerseys im Stadion belegen. "Das Stadion war toll", erkennt nach dem Spiel auch Head Coach Bill Belichick an. "Auf Rasen zu spielen, ist immer gut. Es ist gut, die Trikots etwas schlammig zu sehen und mit Grasflecken. So etwas sehen wir in den USA nicht so oft."
2017: Rekord-Field-Goal in Höhenluft
Der dritte internationale Auftritt für die New England Patriots hält eine besondere Herausforderung bereit. Zwar geht es am elften Spieltag nicht wieder nach England, sondern "nur" ins benachbarte Mexiko. Statt der Zeitdifferenz ist diesmal aber die Höhenluft ein Faktor, der Einfluss auf das Spiel haben könnte. Das legendäre Aztekenstadion in Mexiko-Stadt liegt 2.200 Meter über dem Meeresspiegel und ist damit eines der höchstgelegenen Stadien der Welt. Die Patriots bereiten sich die ganze Woche über in einer Air Force Academy auf das Spiel in der ungewohnt dünnen Luft vor, simulieren im Training eine Höhe von rund 2.000 Metern. Der Kontrahent der Patriots, die damals noch in Oakland beheimateten Raiders, hat im Jahr zuvor bereits in Mexiko gespielt und gewonnen.
Mit einer Bilanz von 7-2 reisen die Patriots aber als klarer Favorit zum Auswärtsspiel bei den Raiders, die vor dem Spiel bei 4-5 stehen. Und dem werden die Patriots vor 77.357 Fans im Aztekenstadion, davon mindestens die Hälfte auf Seiten New Englands, von Anfang an gerecht. Quarterback Tom Brady bringt die ersten zwölf Pässe allesamt an, einer führt zum Touchdown von Dion Lewis im ersten Viertel. Im zweiten Viertel findet Brady dann Danny Amendola für den nächsten Touchdown. Als sich die Raiders kurz vor Ende der ersten Halbzeit in aussichtsreicher Position befinden, gelingt es Patrick Chung, an der 7-Yard-Linie einen Fumble zu erobern. In 33 Sekunden schaffen es die Patriots mit dem anschließenden Drive in die Hälfte der Raiders, und Stephen Gostkowski erzielt mit Ablauf der Uhr aus 62 Yards ein Field Goal zur 17:0-Halbzeitführung. Es ist bis heute das längste Field Goal in der Geschichte der Patriots und in den Top 10 der NFL.
Während die dünne Luft in Mexiko City den Rekordkick womöglich etwas begünstigt, sorgt sie in der zweiten Halbzeit dafür, dass in Danny Amendola und Stephon Gilmore gleich zwei Patriots-Spieler wegen Dehydrierung behandelt werden müssen. Das hat auf den Ausgang des Spiels jedoch keinen Einfluss mehr. Die Raiders schaffen es erst im Schlussviertel aufs Scoreboard, können aber die klare 8:33-Niederlage gegen die Patriots nicht mehr verhindern. Tom Brady wird mit 339 Yards der erste Quarterback mit 300-Yard-Spielen in drei verschiedenen Ländern.
Patriots-Legende Brady hat schon Deutschland-Erfahrung
Ihre persönliche internationale Bilanz baut die Patriots-Legende im vergangenen Jahr noch aus. Brady führt die Tampa Bay Buccaneers beim ersten Deutschlandspiel in München aufs Feld. Er ist damit der erste Quarterback, der ein reguläres Saisonspiel in drei verschiedenen Ländern außerhalb der USA als Starter beginnt. Und weil sein Team das Spiel gegen die Seattle Seahawks auch gewinnt, geht Brady nicht wie er damals selber annimmt mit nur einem Sieg aus internationalen Spielen in Rente, sondern gar mit einer Bilanz von 4-0.