Wie fängt man bloß einen Artikel über eine Person an, über die eigentlich schon alles gesagt wurde? Gar nicht so einfach, vor allem wenn es sich dann auch noch um den GOAT persönlich handelt. Doch wenn Tom Brady bei den New England Patriots in die Hall of Fame kommt – die größte Ehre, die die Franchise einem Spieler zu Teil werden lassen kann – dann ist es Zeit, nochmal zurückzuschauen. Und die Bedeutung des ehemaligen Quarterbacks für SEIN Team ein weiteres Mal zu beleuchten.
Was sagt es über den Menschen Tom Brady aus, dass er als schmächtiger Underdog von der University of Michigan und als Draftpick 199 im NFL Draft 2000 das erste Mal seinen neuen Boss und Patriots-Besitzer Robert Kraft kennenlernt und dabei sagt: "Ich bin die beste Entscheidung, die Sie je getroffen haben!" Nun, zuallererst würde man sagen, er hat ein gesundes Selbstvertrauen. Und man könnte sagen, dass er ein Mann mit Weitblick ist. Aber selbst Tom Brady würde wohl zugeben, dass er sich beim Händeschütteln mit Kraft seine 23 Jahre lange NFL-Karriere mit sieben Super-Bowl-Titeln (sechs mit den New England Patriots) und unzähligen Rekorden auch nicht hätte erträumen können.
Alles dem Erfolg untergeordnet
Wer über zwei Jahrzehnte Top-Leistungen bringt und so erfolgreich ist wie kein anderer, der muss vor allem eins sein – leidensfähig. Jahrzehnte hat Tom Brady vieles (vielleicht sogar alles) dem Erfolg untergeordnet. Seine Arbeitsmoral ist unnerreicht – jeden Sommer schindete er sich und seinen Körper, um in der Saison dann auf den Punkt da zu sein. Dazu noch unzählige Stunden im Filmraum, gegnerische Defenses konnten ihn selten überraschen. Im Gegenteil, immer wieder machten er und sein Head Coach Bill Belichick Schwächen beim Gegner aus und nutzten diese gnadenlos aus.
Wer aber glaubt, dass immer nur eitel Sonnenschein angesagt war, der täuscht sich. Auch Tom Brady musste durch Täler. Schon 2008 erlitt er in einem Spiel gegen die Kansas City Chiefs einen Kreuzbandriss bei einem gegnerischen Tackle, die Saison war für ihn beendet. Natürlich kämpfte er sich zurück und wurde besser als je zuvor.
Auch in den 2010er Jahren wurde in den Medien schon darüber gemutmaßt, ob Tom Brady nichts mehr im Tank hat. Die insgesamt drei Super-Bowl-Niederlagen, davon zweimal gegen die New York Giants, ärgern Tom Brady bis heute, wie er erst kürzlich in einem Interview gestand. Doch auch das zeigt das Mindset des Mannes, der bei sieben Super-Bowl-Ringen immer noch das sieht, was nicht funktioniert hat. By the way: Nach den Kritiken Anfang der 2010er Jahre holte sich Brady mit seinen Patriots noch schlappe drei Titel – mehr als ziemlich viele Franchises in der NFL.
Mehr als nur Maschine
Sprechen wir bei Tom Brady also eher von einer Maschine als einem Sportler? Um das zu widerlegen, muss man gar nicht so tief graben. Denn niemand weiß besser, was man für den ultimativen Erfolg braucht als die Quarterback-Legende – ein starkes Team. Über die Jahrzehnte hat Brady immer wieder starke Connections und sogar Freundschaften gebildet, die weit über den Sport hinausgehen. Sei es Julian Edelman, der sich als Ex-Quarterback zum Wide Receiver umschulen ließ und sich, selbst als Underdog mit einem ähnlichen Karrierestart, Bradys Vertrauen jahrelang erkämpfen musste – um dann als Super Bowl MVP und dreifacher Super Bowl Champion die Karriere zu beenden. Und so ist neben den Erfolgen eben eine Freundschaft geblieben.
Eine ähnlich tiefe Verbundenheit kann man auch bei Tom Brady und Rob Gronkowski beobachten. Trotz aller Unterschiedlichkeiten lässt Gronk nichts auf seinen Quarterback kommen, folgte ihm sogar nach Tampa, um zum Abschluss ihrer Karrieren noch einen Titel mit den Buccaneers zu gewinnen. Auch der ehemalige deutsche O-Liner Sebastian Vollmer lässt nichts auf Brady kommen – alles einige wenige Beispiele, die zeigen, wie sehr Tom Brady im Team funktioniert.
Denn eines darf man bei der Betrachtung seiner Leistungen und denen der New England Patriots nie vergessen. Eine Dynastie ist nur möglich, wenn alle Beteiligten immer wieder bereit sind, ihre eigenen Interessen ein Stück weit zurückzustellen. Denn einen Rekord hat Tom Brady nicht aufgestellt. Er hat nicht das meiste Geld in einer Karriere in der NFL verdient. Immer wieder war er auch bereit, auf Geld zu verzichten, damit das in der NFL durch eine Obergrenze limitierte Gehaltsbudget des Teams nicht komplett in seine Tasche fließt, sondern auch weiterhin der Kader verbessert werden kann.
Der Größte aller Zeiten
Was für eine Lichtgestalt Tom Brady ist, zeigen nicht nur seine Titel. Dass er der GOAT der NFL ist, ist sowieso keine Frage, aber in den US-Medien wird er sportartenübergreifend mit den erfolgreichsten Sportlern aller Zeiten gemessen. Michael Jordan, Mohammed Ali – kein Name ist zu groß.
Wenn man seinen Impact auf die New England Patriots nochmal knackig zusammenfassen möchte: Vor Tom Brady standen zwei Super-Bowl-Teilnahmen auf der Habenseite der Franchise. Unglücklicherweise gingen beide verloren. Nach 20 Saisons Brady sind die New England Patriots mit sechs Super-Bowl-Titeln NFL-Rekordmeister, nur die Pittsburgh Steelers haben genauso viele Meisterschaften geholt. Das hat er nicht alleine geschafft, aber er war eben einer der großen Köpfe des Erfolgs. Und dass er sich dann noch einen Titel mit den Tampa Bay Buccaneers geholt hat, bestärkt nur noch seinen Legendenstatus. Mit sieben Titeln hat Tom Brady mehr Ringe geholt als jede andere NFL-Franchise. Unfassbar.
Dass der größte NFL-Spieler aller Zeiten nun in die Patriots Hall of Fame aufgenommen wird, ist also nicht nur eine logische Konsequenz, sondern auch ein unfassbar emotionaler und schöner Moment. Und auch trotz seines kleinen Abstechers nach Florida zum Karriereende, es gibt keinen Spieler, der die Patriots-DNA so erfolgreich gelebt hat wie Tom Brady. Und natürlich gab es für ihn selbst auch nie die Frage, wer sein Team ist, denn wie sagte er schon selbst bei seiner Ehrung im Gillette Stadium 2023: "I'm a Patriot for life!"