Jedes Jahr sind die NFL-Teams von Verletzungen geplagt – mal mehr, mal weniger. In dieser Saison hat es bereits Top-Stars wie Saquon Barkley oder Christian McCaffrey getroffen. Und auch die New England Patriots mussten 2020 bereits ein paar Wochen auf Spieler wie Sony Michel oder Damien Harris verzichten. Je nachdem wie schwer die Verletzung eines Spielers ist, wägen Teams ab, ob sie ihn auf die so genannte Injured Reserve List setzen. Letztes Jahr so geschehen mit dem deutschen Fullback Jakob Johnson, der Mitte Oktober auf diese Verletztenliste gesetzt wurde. Aber was bedeutet das dann genau für Spieler und Team? Und wusstest du, was in der Saison 2020 eigentlich anders ist?
Saisonaus – oder nur 6 Wochen Pause?
Die Injured Reserve List (kurz: IR-Liste) in der NFL bedeutet, dass Spieler von ihrem Team nicht mehr eingesetzt werden können und auch nicht mehr mit dem Team trainieren dürfen – bis zum Ende der Saison. Wenn sich ein Spieler verletzt, muss in Absprache mit den Ärzten abgewogen werden, wie lange er brauchen wird, um wieder normalen American Football mit Vollkontakt spielen zu können. Bei "leichteren" Verletzungen wie Zerrungen oder Prellungen brauchen Spieler meistens keine Pause, bei Muskelfaserrissen können es schon mal wenige Wochen sein. Bei sehr schweren Verletzungen wie Bänderrissen oder Brüchen kann es für NFL-Spieler auch eine lange Pause bedeuten. Dann steht meistens fest: Der Spieler wird auf die Injured Reserve List gesetzt. Nachteil: Man verliert einen Spieler für eine längere Zeit. Vorteil: Man kann seinen Kaderplatz neu besetzen. Trotzdem zählt der Spieler mit ins Salary Cap.
2012 wurde die Regel eingeführt, dass Teams einmal pro Saison einen Spieler von dieser Liste zurück in ihren Kader berufen dürfen. 2017 wurde diese Regel auf zwei Spieler pro Saison ausgeweitet. Seit Mai 2020 sind es sogar drei Spieler, die reaktiviert werden dürfen. Voraussetzung dafür ist, dass der Spieler zum Saisonstart dem 53-Mann-Kader angehört hat – was bei Star-Spielern normalerweise der Fall ist. Ebenfalls zwingend: Der Spieler muss mindestens sechs Wochen pausieren und darf frühestens nach dem sechsten Spiel seines Teams wieder trainieren. Nach dem achten Spiel darf er dann wieder in den aktiven Kader berufen werden und somit am regulären Spielbetrieb teilnehmen.
Es gibt sie immer: Sonderregeln
Teams können Spieler auch auf die IR-Liste setzen, wenn sie Verletzungen haben, die weniger als sechs Wochen Heilung benötigen. Dann werden sie mit dem Tag "minor injury" versehen. Die Folge ist, dass das Team den Spieler entlassen muss, wenn er wieder gesund ist. Denn NFL-Teams sind dazu verpflichtet, verletzte Spieler finanziell zu unterstützen. In solchen Fällen kann es aber auch zu einer Einigung zwischen Spieler und Team kommen, genannt "injury settlement". Dann wird der Spieler entlassen, erhält aber sofort Teile seines Gehalts vom Team und kann sich anschließend auf die Suche nach seiner nächsten Station machen.
Sollten sich Spieler schon vor der Saison verletzen, beispielsweise in der Preseason, gibt es noch drei andere Möglichkeiten, um diesen Spieler auf eine Liste zu setzen:
Die PUP-Liste (physically unable to perform) ist die bekannteste und wichtigste davon. Hier stehen die Spieler, die noch eine Verletzung von letzter Saison mit sich herumtragen oder die sich zum Beispiel beim Training in der Offseason verletzt haben. Spieler, die auf der PUP-Liste stehen, können nach dem 6. Spieltag der regulären Saison in den aktiven Kader berufen oder auf die IR-Liste gesetzt werden.
Dann gibt es noch die zwei NFI-Listen "reserve/non-football injury" und "reserve/non-football illness". Auf diesen Listen stehen Spieler, die sich abseits des NFL-Footballs eine stärkere Krankheit oder Verletzung geholt haben. Diese können frühestens nach dem 6. Spieltag der NFL-Saison wieder anfangen zu trainieren, dürfen aber erst nach acht Spielen ihres Teams wieder in den aktiven Kader berufen werden. Sobald ein Spieler von einer dieser Listen wieder mit dem Training beginnt, hat sein Team drei Wochen Zeit, um ihn in den aktiven Kader zu berufen. Tut es das in dieser Frist nicht, bleibt der Spieler für den Rest der Saison auf dieser Liste und darf nicht mehr spielen.
Alles neu macht 2020
Das Jahr 2020 hat durch das Coronavirus ein paar Änderungen an der IR-Liste und den verschiedenen Verletztenlisten gebracht. Vor der Saison war das Thema "Opt-outs" sehr groß in der NFL und hat auch die New England Patriots schwer beschäftigt. NFL-Spieler, die vor der Saison 2020 aus persönlichen Gründen wegen des Coronavirus nicht spielen wollten, wurden anschließend auf die reserve/Opt-out-Liste gesetzt. Damit bekamen sie zwar weniger Gehalt – aber ihr Vertrag "verschiebt" sich auch um ein Jahr.
Neu eingeführt wurde die reserve/Covid-19-Liste, auf die Spieler gesetzt werden, bei denen entweder das Coronavirus festgestellt wurde oder die in engem Kontakt mit einem Infizierten waren. Dort bleibt er so lange, bis er von den Ärzten wieder eine Freigabe erhält. Solange der Spieler auf dieser Liste steht, kann sein Team einen Spieler aus dem Practice Squad in dessen aktiven Kaderplatz berufen. Damit wird von der NFL gewährleistet, ähnlich wie bei der IR-Liste, dass alle Teams am Spieltag mit mindestens 53-Mann starten können.