Der NFL-Combine ist eine der wichtigsten Stationen auf dem Weg zum Draft. Aber was passiert vor Ort genau, und wer ist alles dabei? Und was machen die Offiziellen der Patriots während den Tagen in Indianapolis? Hier gibt es alle Antworten dazu.
1. Was ist der NFL-Combine?
Der NFL-Combine ist kurz gesagt ein einwöchiger Event, bei dem die NFL-Teams die Möglichkeit haben, die besten College-Spieler des Landes genau unter die Lupe zu nehmen. Der Combine setzt sich für die Spieler aus vier Elementen zusammen: Übungen auf dem Feld und im Kraftraum (sogenannte Drills), Gespräche mit den Verantwortlichen der NFL-Teams, Interviews mit den anwesenden Journalisten und der sogenannte Wonderlic-Test (mehr dazu weiter unten im Artikel).
Das Ziel des Combines ist es, den Head Coaches, Scouts und General Managern der NFL die Möglichkeit zu geben, die besten College-Spieler der Nation hautnah und gesammelt an einem Ort evaluieren zu können. Mit Blick auf den Draft, der ein paar Wochen später stattfindet, ist der Combine ein extrem wichtiger Anlass, der dabei hilft, über jeden Spieler Bescheid zu wissen und von jedem Athleten ein genaues Profil zu erstellen.
Der NFL-Combine, so wie wir ihn heute kennen, fand zum ersten Mal 1985 in Arizona statt. Vor 1985 besuchten die NFL-Teams die Colleges jeweils individuell und absolvierten unzählige Reisen, um die Spieler beurteilen zu können. Seit knapp 20 Jahren gibt es jedoch fast nur noch eine Reise, normalerweise nach Indianapolis, wo der Combine seit 1987 ununterbrochen stattfindet.
2. Wer ist beim NFL-Combine dabei?
Neben den kommenden NFL-Spielern, der Hauptattraktion des Combines, sind Journalisten und Verantwortliche aller 32 NFL-Teams vor Ort. Allerdings hat nicht jeder College-Spieler die Möglichkeit, am Combine teilzunehmen, da nur diejenigen mit einer offiziellen Einladung nach Indianapolis reisen dürfen. Die Entscheidung darüber, welche Spieler eine Einladung erhalten, trifft das sogenannte Player Selection Committee, bestehend aus langjährigen Scouts und NFL Player Personnel Departments. Jährlich erhalten mehr als 300 Spieler eine Einladung, und das Ziel der Organisatoren ist es, jeden Spieler einzuladen, der auch beim kommenden Draft ausgewählt wird.
Dass dies jedoch nicht immer der Fall ist, zeigen diverse Beispiele aus der Vergangenheit. Unter anderem erhielt Sebastian Vollmer damals keine Einladung zum Combine, wurde jedoch trotzdem in der zweiten Runde von den Patriots gedraftet. Dies vor allem auch deshalb, weil Sebastian bei seinem Pro Day unglaublich gut abgeliefert hat. Viele kleinere Colleges führen einen Pro Day durch, um Spielern, die nicht zum Combine eingeladen wurden, die Möglichkeit zu geben, sich vor NFL-Scouts zu präsentieren. Dabei absolvieren sie die gleichen Übungen wie beim Combine und können sich, obwohl sie nicht in Indianapolis waren, den Scouts zeigen.
Weitere bekannte Beispiele sind Malcolm Butler, Julian Edelman oder Tyreek Hill. Keiner von ihnen wurde zum Combine eingeladen, dennoch hatten/ haben sie eine äußerst erfolgreiche NFL-Karriere.
3. Was machen die Spieler vor Ort?
Wie eingangs erwähnt, setzt sich der Combine für die Spieler aus vier Teilen zusammen: Drills, eine Art Bewerbungsgespräch mit den Teams, ein IQ-Test und Interviews mit Journalisten. Bei den Drills werden die physischen Qualitäten der Athleten getestet. Bankdrücken, 40-Yard-Sprint, Vertical Jump und Broad Jump sind nur einige der Übungen, die die Spieler absolvieren müssen. Zudem werden sie auch durch positionsspezifische Drills gejagt. Ein Quarterback wirft unzählige Bälle, ein Receiver fängt unzählige Bälle, und ein Linebacker absolviert zum Beispiel einen Art Hindernisparcours. Jeder einzelne Schritt wird dabei von den NFL-Teams, die im Inneren des Stadions dabei sind, genau beobachtet und analysiert.
Ein weiterer entscheidender Teil des Combines sind die Bewerbungsgespräche. Die Teams haben die Möglichkeit, mit jedem einzelnen Spieler ein genau 18-minütiges Gespräch zu führen. Bei diesem Gespräch geht es darum, sich gegenseitig besser kennenzulernen und herauszufinden, ob der jeweilige Spieler menschlich zum jeweiligen Team passt. Oftmals geht es auch noch ein bisschen mehr ins Detail, und den Spielern wird ein Teil des Spielsystems erklärt, zu dem sie anschließend Fragen beantworten müssen. Damit wollen die Teams herausfinden, wie schnell ein Spieler ein System versteht und somit auch, wie gut er sich damit zurechtfinden würde.
Der Wonderlic-Test ist eine Art IQ-Test, bei welchem die Spieler zwölf Minuten Zeit haben, um 50 Fragen zu beantworten. Die eigentlich einfach gehaltenen Fragen sind dabei nicht wirklich das Problem, sondern eher der Zeitdruck und die Augen der Scouts, die auf die Spieler gerichtet sind während dem sie den Test absolvieren.
Bei den Interviews mit den Journalisten geht es in erster Linie darum, zu sehen, wie gut ein Spieler bereits im Umgang mit den Medien ist und wie er reagiert, wenn vielleicht auch mal eine unangenehme Frage gestellt wird.
Alle vier Teile werden von den Verantwortlichen genauestens beobachtet, und nach einer Woche NFL Combine haben die Teams ein ziemlich gutes und komplettes Bild von den jungen Athleten.
So zum Beispiel sah das komplette On Field Workout von Christian Gonzalez beim letztjährigen Combine aus:
4. Was machen die Verantwortlichen vor Ort?
Klar, in erster Linie geht es den NFL-Teams darum, die kommenden Superstars auf Herz und Nieren zu prüfen. Wie beweisen sie sich bei den Drills? Wie geschickt sind sie im Umgang mit den Medien, und welchen Eindruck hinterlassen sie im persönlichen Gespräch? Da der Combine aber auch eine Art Klassentreffen der NFL und ihrer Entscheidungsträger ist, kommt es nicht selten vor, dass während dem Combine zukünftige Trades und Deals eingefädelt werden. Da die wichtigsten NFL-Insider wie Ian Rapoport und Adam Schefter ebenfalls vor Ort sind, der Combine zudem live im TV übertragen wird, werden auch die Fans zuhause bestens unterhalten und mit den neuesten Gerüchten und Geschichten direkt aus Indianapolis beliefert.
Live mitverfolgt werden kann der Combine aus Europa via NFL Game Pass auf DAZN. Hier gibt's zudem alle Infos und das komplette Programm des Combines.
5. Kritik am Combine
In den letzten Jahren kam immer wieder Kritik am NFL Combine auf, und das teilweise auch zu Recht. Einige der Drills, die die Spieler absolvieren müssen, lassen sich nur schwer aufs Spielfeld übertragen. Es ist zum Beispiel eher unwahrscheinlich, dass ein Spieler während einer Partie einen 40-Yard-Sprint (ca. 36 Meter) komplett geradeaus hinlegt, so wie er das beim Combine machen muss. Und trotzdem hat die gemessene Zeit beim 40-Yard-Dash großen Einfluss darauf, an welcher Position ein Spieler gedraftet wird. Dieses Beispiel geht Hand in Hand mit der Kritik, dass die Drills beim Combine sehr theoretischer Natur sind und sich nicht in Aktionen in einem NFL-Spiel widerspiegeln.
Weiter wird auch häufig moniert, dass ein schlechter Tag beim Combine die Karriere eines Spielers massiv beeinflussen kann. Schlechte Testresultate in Indianapolis können dafür sorgen, dass ein Spieler beim Draft mehrere Runden nach hinten rutscht, somit weniger Geld verdient und nicht die Möglichkeiten eines frühen Draft-Picks erhält.
Teams tun gut daran, die Resultate beim Combine zwar genauestens zu analysieren und sie in die Evaluation eines Spielers einfließen zu lassen. Es wäre jedoch der falsche Weg, sich nur darauf zu verlassen und alles andere auszublenden. Eine gesunde Mischung aus Combine-Resultaten und Live-Scouting (College-Spiele und Trainingseinheiten) ist wohl der beste Weg, um einen zukünftigen Spieler bestens einschätzen zu können.
Letztes Jahr übrigens besuchten wir mit Sebastian Vollmer den Combine und erhielten exklusive Einblicke hinter die Kulissen in Indianapolis: