Ein Grund, warum die NFL so viele Menschen in Deutschland in den Bann zieht, ist die Chancengleichheit unter allen 32 Teams. Für die Fairness sorgt allerdings nicht nur der NFL-Draft, bei dem das schwächste Team der vergangenen Saison in allen 7 Runden als erstes den Nachwuchsspieler seiner Wahl auswählen darf. Auch der sogenannte Salary Cap (Gehaltsobergrenze) macht es möglich, dass jede Saison aufs Neue spannend wird. Denn einfach gesagt: Keine Franchise darf in einer Saison mehr Gehalt ausgeben, als die anderen. Sich eine Mannschaft voller Stars "zusammen zu kaufen", weil man das meiste Geld zur Verfügung hat, funktioniert also nicht einfach mal so. Doch was bedeutet der Salary Cap im Detail?
Die Grundlage für die Gehaltsobergrenze
188,2 Millionen US-Dollar durfte ein NFL-Team in der Saison 2019 maximal für Spielergehälter ausgeben. Gekoppelt ist der Betrag an die Gesamteinnahmen der Liga, denn in den Statuten ist festgeschrieben, dass jedes Jahr nur ein bestimmter Anteil des Geldes für Spielergehälter ausgegeben werden darf. Im vergangenen Jahr waren das zwischen 47 und 48,5 Prozent. Für 2020 dürfte die Gehaltsobergrenze Berichten zufolge erneut um mindestens zehn Millionen Dollar erhöht werden – das wäre die siebte Steigerung um einen zweistelligen Millionenbetrag in Folge. Das noch verfügbare Budget vom Salary Cap eines Teams wird übrigens Cap Space genannt.
Wie viel Prozent der Gesamteinnahmen in Spielergehälter investiert werden, das wird im Tarifvertrag zwischen den Teambesitzern der NFL und der Spielergewerkschaft verhandelt. Der aktuelle Vertrag läuft 2020 aus – die momentane Prozentzahl der (Brutto-)Gesamteinnahmen werden also in den kommenden Monaten wieder zur Debatte stehen.
Fest steht: Auch beim neuen Deal werden die Spieler wieder versuchen, das Maximale vom Kuchen abzubekommen. Schließlich wird der NFL und den Besitzern eine Gesamteinnahme von angeblich rund 15 Milliarden Dollar pro Jahr nachgesagt. Also haben auch die Faktoren Ticket-Einnahmen, Logen-Preise, TV-Verträge und andere Einnahmequellen direkten Einfluss auf die Spielergehälter.
Sollte ein Team die Gehaltsobergrenze mal überschreiten, drohen hohe Strafen – und die sind nicht nur finanzieller Natur. Neben Strafzahlungen sind auch der Verlust von Draft Picks ein Mittel, um die Fairness in Sachen Gehalt in der Liga zu erhalten.
Fun Fact: Es gibt nicht nur eine Gehaltsobergrenze. Jedes Jahr wird auch festgelegt, wie viel Prozent des Salary Caps durch die Mannschaften mindestens ausgegeben werden muss. Schließlich soll ein Besitzer nicht die Chance bekommen, sich einfach die Taschen vollzumachen. Der Sport steht immer noch im Vordergrund.
Die komplizierten Vertragsstrukturen der NFL
Zusätzliche Komplexität in der Berechnung des Salary Caps bringen die Verträge der Franchises mit den Spielern mit sich. So wird nicht nur das Grundgehalt der Gehaltsobergrenze zugerechnet, auch der Signing Bonus (Unterschriftsbonus) und andere Bonuszahlungen – wie zum Beispiel das Erreichen einer bestimmten Anzahl von Saisonspielen – können berücksichtigt werden. Dazu belasten häufig auch ehemalige, bereits entlassene Spieler den Salary Cap noch. Gehälter für Trainer und Angestellte spielen beim Salary Cap allerdings keine Rolle.
Hier ein kleiner Überblick, welche Zahlungen für den Salary Cap relevant sind – und welche nicht.
Garantierte und nicht garantierte Zahlungen
Wenn eine Vertragsverlängerung oder eine Neuverpflichtung bekannt gegeben wird, so schauen Fans oft auf das "garantierte" Gehalt. Das ist die Summe, die der Spieler in jedem Fall erhalten wird und die das Team dem Salary Cap anrechnen muss. Bei mehrjährigen Deals bleibt dann nur die Frage, wie viel Geld das Team in der jeweiligen Saison ihrer Gehaltsobergrenze anrechnet. Neben diesem Basis-Gehalt ist der Unterschriftsbonus Geld, was der Spieler in jedem Fall vom Team erhalten wird – egal ob er während seines Vertrags noch entlassen wird und unabhängig davon, welche Leistung er bringt.
Obwohl der Signing Bonus in der Regel direkt komplett ausgezahlt wird, können General Manager dieses Geld auf die kommenden Saisons verteilen, um den Salary Cap nicht in einem Jahr mit der vollen Summer belasten zu müssen. Entweder auf jedes Vertragsjahr oder maximal auf 5 Jahre. Diese Regelung dient dazu, dass die General Manager begehrte Spieler in der Free Agency verpflichten können, auch wenn im Salary Cap gar nicht mehr so viel Geld zur Verfügung steht.
Der Cap Hit (der Anteil, mit dem ein Spieler den Salary Cap seines Teams belastet) setzt sich also in der Regel aus den folgenden Zahlen zusammen: Grundgehalt (eventuell unterschiedlich verteilt auf die Vertragsjahre) + Unterschriftsbonus (eventuell verteilt auf mehrere Vertragsjahre) + Bonuszahlungen.
Doch das ist noch nicht alles
Um das Ganze noch komplizierter zu machen, werden die Bonuszahlungen in zwei verschiedene Arten unterteilt. Die erste Kategorie sind Boni, die die Spieler wahrscheinlich erreichen. Diese Zahlungen zählen gegen den Salary Cap – sie werden also auf das Gesamtgehalt des Teams angerechnet, was unter der Obergrenze bleiben muss. Hat ein Spieler im Vorjahr alle 16 Saisonspiele bestritten und hat eine Klausel im Vertrag, dass er im neuen Jahr bei 10 absolvierten Spielen einen Bonus erhält, so gilt das als realistischer Bonus (LTBE = Likely to be earned). Auch alle Bonuszahlungen, die der Spieler nur mit seinem eigenen Verhalten beeinflusst – also beispielsweise die Teilnahme an Training Camps, das Einhalten eines bestimmten Gewichts oder ähnliches – werden als machbar eingestuft.
Daneben gibt es die Kategorie der Boni, die vermutlich nicht erreicht werden (NLTBE = Not likely to be earned). Hat ein Running Back in der Vergangenheit große Verletzungsprobleme gehabt und nie über 500 Yards in einer Saison erlaufen, so wird ein Bonus für das Erreichen von über 1.000 Yards in einer Saison als unrealistisch angesehen. Diese Zahlungen wiederum werden nicht auf die Gehaltsobergrenze angerechnet.
Gibt es Unstimmigkeiten bei der Einordnung der Bonus-Zahlungen zwischen Spielern und Team-Besitzern, so wird in der Regel ein Schiedsmann eingesetzt.
Spielerentlassungen plus Dead Cap
Sollte ein Spieler entlassen werden, bevor das garantierte Gehalt oder ein garantierter Bonus ausgezahlt wurde, so muss dieses Geld in jedem Fall noch bezahlt werden. Wird ein Spieler daher von einem Team gecuttet, also vor dem Ablauf seines Vertrags entlassen, so ist das in der Regel immer mit Kosten und einer Belastung des Salary Caps verbunden. Die Berechnung dafür lautet:
Das komplette bisher ausgezahlte Gehalt des Spielers wird zu dem noch nicht ausgezahlten aber garantierten Geld addiert. Davon wird der Betrag abgezogen, der schon während der Vertragslaufzeit im Salary Cap berücksichtigt wurde. Das was übrig bleibt wird als Dead Cap oder Dead Cap Space bezeichnet und in der aktuellen Saison auf die Gehaltsobergrenze der Franchise angerechnet, obwohl der jeweilige Spieler de facto gar nicht mehr im Kader steht. Dazu gibt es noch unzählige Sonderfälle, in denen ehemalige Spieler noch den Salary Cap belasten. Sollten sich die New England Patriots beispielsweise von Quarterback Tom Brady trennen, so würde er die Spielergehälter in der kommenden Saison trotzdem mit 13,5 Millionen Dollar belasten. Mehr dazu und wie viel Cap Space die Pats diese Saison zu Verfügung haben, liest du hier.
Das Spiel mit dem Salary Cap
Letztendlich soll der Salary Cap verhindern, dass Teams mit Standortnachteilen übervorteilt werden und alleine das Geld entscheidet, wie viele Stars ein Team sich leisten kann. Mit der Gehaltsobergrenze bekommen alle Teams die Chance, durch clevere Draftpicks und umsichtige Kaderplanung einen Super-Bowl-Titel zu gewinnen.
Auf der anderen Seite hat sich das Spiel mit den Verträgen – Boni, Laufzeit, Neustrukturierung – zu einer echten Wissenschaft entwickelt. Kein Wunder, dass die Teams waschechte Experten beschäftigen, die sich nur mit den Vertragsinhalten befassen und immer wieder auf der Suche nach kleinen Schlupflöchern und guten Deals für ihr Team sind.
Währenddessen versucht die Spielergewerkschaft ihren Athleten lukrative und langfristige Deals mit garantierten Zahlungen zu sichern, um die Balance zwischen Teameinnahmen und Spielergehältern zu gewährleisten. Dazu kann es dazu kommen, dass Stars wie Tom Brady auf Geld verzichten, um ihren Teams zu ermöglichen, eine gute Mannschaft trotz Gehaltsobergrenze zusammenzustellen.
Doch den besten Nebeneffekt des Salary Caps genießen immer noch die Football-Fans. Jede Saison bleibt spannend, jedes Jahr kann es ein Team schaffen, durch clevere Deals eine schwache Vorsaison vergessen zu lassen und das Ruder herumzureißen.